Das Dschungelcamp - Ein MUSS für jeden PM!

Mitte Januar, es ist (endlich) wieder soweit. Wann immer ich mich als Dschungelcamp-Einschalter oute, wird mir die gleiche Frage entgegengeschleudert. "Waaaas, so was guckst Du?" Ja, tue ich. Aus rein professionellen Gründen, versteht sich. Und das versuche ich den Empörten zu erläutern. Will man einen konzentrierten Überblick über Gruppenbildung, -dynamik, Rollen, Stakeholder-Management und alle Spielarten der Kommunikation im Zeitraffer sehen, dann gibt es keine Alternative. Hier lernt man wie aus einer Gruppe ein Team wird (oder auch nicht). Es wird deutlich, wie laterale Führung funktioniert (oder auch nicht). Man erlebt die Wirkung von wertschätzendem Umgang (oder auch nicht).

Letztendlich ist das Dschungelcamp nichts anderes als ein Projekt: für zwei Wochen wohnen elf mehr oder weniger prominente Menschen in einem rustikalen Verschlag und müssen Anforderungen erfüllen, die sie zum Teil vorher nicht kennen. Das Ganze unter dem konsequenzreichen Einfluss ihrer Stakeholder, mit denen sie nur indirekt kommunizieren können. Ein übergeordnetes gemeinsames Ziel existiert zwar, nämlich eine gute Quote für RTL zu gestalten, wird aber von den divergierenden Einzelzielen überdeckt. Jeder will Projektheld und damit Dschungelkönig (oder -königin) werden, einige wollen ihre Fähigkeiten (welche ist nicht immer klar) präsentieren, andere sehen die Vergütung als Ziel und sitzen ihre Zeit ab und wieder andere wollen einfach mal raus.

Elf Menschen mit elf ausgeprägten Egos, die von dem täglich wechselnden Teamchef "geführt" werden. Wenn man genau hinguckt, kann man eines bestens studieren: Es ist egal, wem diese Rolle offiziell zugeteilt wird. Es gibt fast immer einen tatsächlichen Leader, an dem sich die Anderen orientieren und der wirklich führt. Jedes Jahr finden sich im Camp ein paar Gestalten, die glauben, dass Ihnen durch möglichst lautes Agieren und Rumkommandieren diese Rolle zuteil wird. Mitnichten. Wie im echten Leben sind es oft nicht die Extrovertierten, Lauten und Macher, sondern die souveränen Unscheinbaren mit Überblick.

Ein Phänomen, das in jedem Projekt relevant ist und hierbei ganz besonders deutlich zutage tritt ist das Verhalten von Menschen bei Informationsdefizit. Jeden Morgen wird verkündet, wer zur Dschungelprüfung muss und wie diese heißt. Mehr Informationen gibt es nicht und doch liefert es Gesprächsstoff für einige Zeit. Es wird spekuliert was das Zeug hält. Ist es eine Ekliges-essen-Prüfung oder "nur" was Sportliches? Ist der/die Auserwählte geeignet und wenn nein, warum nicht? Wie kann man sich mental drauf vorbereiten? Warum nur haben die Zuschauer so gewählt? Und so weiter und so fort. Gibt man Menschen zu wichtigen Ereignissen, Aspekten oder Vorgängen nur bruchstückhafte Informationen, so spekulieren sie eben. Das bindet viel Energie, die man in einem Projekt auch anders verwenden könnte.

Natürlich ist mir bewusst, dass die Situation im Dschungelcamp künstlich ist, von Kameras begleitet wird, die Leute dort eigentlich nur ihren Promi-Job machen und so. Und trotzdem kann man zum Beispiel sehr gut beobachten, was in einer Gruppe (die meisten nämlich kein Team wird) passiert, wenn offene und ehrliche Kommunikation keine Grundregel ist. Es wird gelästert und gemobbt, wo es nur geht. Das findet natürlich nur hinterrücks statt und auch Konflikte werden auf Banalitäten (Feuer aus oder Zigarette krumm) verschoben, aber bestimmt nicht bearbeitet. Dann ist auch wieder gut, dass die nicht ein gemeinsames Ziel erreichen müssen. Würde nämlich schwierig.

Ach, es gibt noch so viele schöne Parallelen über die ich schreiben könnte. Das würde aber wohl zu weit führen. Nur eines noch: wenn der Start des nächsten Projektes nach Dschungelcamp-Manier verläuft, dann sollten Sie kurz anhalten und nachdenken. Wir nehmen als Projektmitglieder einfach die, die gerade noch Zeit haben. Wer abends als letzter noch im Büro sitzt wird PM und dann fangen wir einfach an. Schließlich wollen wir ja Fortschritt sehen. Dann ist es nicht auszuschließen, dass ihr Projektteam sich ähnlich verhält wie die Camp-Insassen. Und dass können Sie nicht wollen. Denn genau genommen lohnt es sich als PM die Show auch zu gucken, um sagen zu können "Gott sei Dank, mein Projekt ist lange nicht so schlimm wie dieses Dschungelcamp". Das hoffe ich zumindest für Sie.

In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!


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