Deutschland vs. Brasilien - Selbstorganisiertes Team gewinnt 7:1!

Was können wir im Management vom Fußball eigentlich lernen? Ja, diese Frage wird immer wieder und immer gerne von Coaches und Beratern gestellt. Manchmal auch gleich beantwortet. Meist mit der stereotypen Antwort: Wie gute Teamarbeit funktioniert. Dann folgt die Aufzählung von Aspekten wie Aufeinander achten, ein Ziel verfolgen und so weiter. Alles wichtige Aspekte und sehr angebracht, nicht nur in diesem Kontext. Am Dienstag, den 08. Juli 2014 gab es mehr als deutlich eine ergänzende Lektion für alle Zuschauer: wie Selbstorganisation aussieht, wie Muster entstehen und was passiert, wenn negatives Feedback fehlt. Ist das nicht ein bisschen zuviel der Interpretation, denken Sie jetzt vielleicht. Ne, genau das ließ sich beobachten.

In diversen Länderspielen zuvor war die "gemachte" Spieltaktik der deutschen Nationalmannschaft klar zu sehen. Ich selber nenne sie (leicht zynisch) die "pomadige Rückwärts-Spielstrategie". Sehr kontrolliert, eher defensiv, temporeduzierend. Was aber geschah am Beginn der noch in die Geschichte einzugehenden Begegnung mit Brasilien? Die brasilianische Mannschaft spielte von Minute 1 an mit hohem Tempo nach vorne. Sie setzte damit einen starken Impuls in diesem Spiel. Und die deutsche Mannschaft reagierte - auf den Impuls und damit nicht notwendiger Weise auf die Anweisungen des Trainers. Sie selber spielten schnell, zügig nach vorne und mit Druck. Die Potentiale der Spieler schienen freigesetzt, sie waren "im Flow". Es klingelte fünfmal im Kasten der Brasilianer, noch bevor die erste Halbzeit gespielt war. Dabei schienen die deutschen Spieler in eine Art Tor-Rausch zu verfallen, während die Brasilianer immer "kleiner" wurden und dem nichts entgegenzusetzen hatten. Das nennt man Feedback. Eine Rückkoppelung ins System mit Aufschaukelungseffekt. Die Euphorie in der einen Mannschaft griff immer weiter um sich und verstärkte die Vorwärtsrichtung des deutschen Spiels. In der brasilianischen Mannschaft hingegen griff der Trübsinn um sich und verstärkte sich ebenfalls. In beiden Fällen funktionierte die Verstärkung, weil kein negatives, gegenläufiges Feedback ins System gegeben wurde. Das wird der brasilianische Trainer in der Halbzeitpause sicher zu geben versucht haben. Seine Mannschaft spielte zunächst auch anders auf nach der Pause. Es gab einige Torchancen, aber Neuer hielt. Damit brachte er quasi negatives Feedback ein und die Mannschaft versank wieder im Trübsinn.

Was genau ist jetzt also aus diesem Spiel für das Management von (Projekt)-Organisationen zu lesen? Das man starke Impulse setzen soll, damit das System reagiert? Ja, Impulse setzen ist schon mal gut. Der wichtigere Aspekt aber ist: Selbstorganisation entsteht, sie wird nicht vom Management gemacht. Ein komplexes System organisiert sich immer selbst, das müssen wir akzeptieren. Versucht man es zu sehr zu regulieren oder übersteuert, dann wird es mitunter seinen Zweck nicht erfüllen und/oder seine Ziele nicht erreichen. Ein solches System regelt sich selber. Deshalb ist vor allem negatives Feedback wichtig, um unerwünschte Aufschaukelung zu unterbrechen. Der brasilianischen Mannschaft hätte das sicher gut getan und eventuell die flächendeckende Ausbreitung des Trübsinns verhindert.

Vielleicht sind Sie auch gar nicht meiner Meinung und denken gerade: "Welches Spiel hat die denn gesehen?" Damit könnten wir nahtlos zum nächsten Thema übergehen - der Wahrnehmung. Spätestens beim Fußball wird deutlich, dass jeder das wahrnimmt, was er wahrnehmen möchte. Die persönliche Wahrheit ist nicht unbedingt gleich der Wirklichkeit und wird in unseren Köpfen erzeugt. Dazu aber ein anderes Mal. Hier geht es jetzt gerade um meine Wahrnehmung und ich habe ein selbstorganisiertes System gesehen, das 7:1 gegen Brasilien im Halbfinale einer WM gewonnen hat. Herzlichen Glückwunsch!

In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!


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