Schwarz-Weiß-Denken: gibt's da was von Ratiopharm?

Was ist eigentlich das Gegenteil von Schwarz? [Kurz nachdenken bitte]

[Und?]

[Hier könnte Ihre Antwort stehen]

Die meisten Menschen antworten spontan mit "Weiß". Rein mathematisch gesehen ist das falsch. Das Gegenteil von Schwarz ist Nicht-Schwarz. Generell gesehen ist das als Antwort ok. Wenn ich Sie nun aber nach dem Gegenteil von Rot frage, welche Antwort bekomme ich dann? Grün oder blau oder gelb oder grau? Nicht-Blau ist die wissenschaftlich korrekte Antwort, aber darum es geht gar nicht. Es geht darum, dass die Antwort sowohl blau als auch grün als auch gelb sein kann. Das kommt Ihnen spanisch vor? Wie sollen denn mehrere Antworten auf so eine digitale Frage möglich sein? Und schon sind wir an des Pudels Kern: Ist es eventuell Ihre Denke, die gerade digital funktioniert? Na, das macht nix, denn damit befinden Sie sich in bester Gesellschaft.

Es scheint ein Phänomen unserer Zeit zu sein, das Denken in Schwarz-Weiß. "Wer nicht für uns ist, ist definitiv gegen uns" ruft ein Projektmanager aus. "Entweder wir gehen auf Effizienz oder wir planen Redundanzen" trägt die Führungskraft ihrer Mannschaft vor. Entweder man ist Eltern oder man ist ein Kinder-Nicht-Leiden-Könner. Neulich hielt mir jemand einen Vortrag darüber, dass ein Mensch entweder ein Hundemensch oder ein Katzenmensch sei, aber bestimmt niemals beides. So? In unserem Haushalt lebt eine Katze mit zwei Hunden? Und nun? Was ist mit uns nicht in Ordnung?

Was sind Sie denn eigentlich für Eine(r)? Ein Bauch- oder ein Kopfmensch? Handeln Sie rational oder emotional? Wenn Sie insgeheim auf die Frage mit "Ich bin ein ganz Lieber" geantwortet haben, was ist dann das Gegenstück? Ein Auseinandersetzungsunfähiger wahrscheinlich. Wie auch immer, warum echauffiere ich mich über das Denken in 0 und 1 überhaupt? Ganz einfach, weil wir immer häufiger und extremer in diesen Gegensätzen denken. Ein Beispiel: Ich arbeite mit einer Abteilung im Workshop und wir kommen auf das Thema Konkurrenz / Kooperation (eines meiner Lieblingsthemen). Was passiert, sobald ein Begriff im Raum steht? Genau, er wird mit seinem Extrem interpretiert. Also fragt mich ein Teilnehmer, ob ich allen Ernstes glaube, dass sie als Abteilung zukünftig alle auf Kuschelkurs gehen sollen und alles toll finden müssen, was die anderen tun und denken. Puuuhhhh, also definiere ich Kooperation als etwas, das so rein gar nicht extrem ist. Es enthält schwarz und weiß und ganz viele Schattierungen. Manchmal kann man aber noch so viel und gut erläutern, die Menschen bleiben auf dem Extrem hocken.

Klar lässt sich erklären, wofür Schwarz-Weiß-Denken gut ist. Es gibt Sicherheit, reduziert die Komplexität, generalisiert (Kategorisierung also) und so weiter. Sicherheit und Einfachheit haben aber auch einen Preis, und den finde ich sehr hoch. Der Preis ist Vielfalt. Sie sind ja auch keine Entweder-Oder-Persönlichkeit, kein Wenn-Dies-Nicht-Dann-Das-Mensch. Sie sind eine Person mit vielen Facetten und die sicher nicht immer in ihren Extremen. Das liegt daran, dass Sie als Persönlichkeit komplex sind.

Und ob in Bezug auf Menschen, Projekte, Organisationen oder was auch immer für komplexe Systeme, brauchen wir die Vielfalt. Wir berauben uns der Möglichkeit Komplexität zu meistern, wenn wir Varianz nicht zulassen bzw. sie noch nicht mal denken können. Auf Komplexität sollten wir mit Komplexität antworten. Wie soll eine Führungskraft beispielsweise mit den verschiedenen Mitarbeitern zielorientiert arbeiten und wertschätzend umgehen, wenn er sie auf wenige Extremeigenschaften reduziert? Wie kann sie einen Menschen oder eine Organisation begreifen, wenn sie die Graustufen ausblendet?

Schwarz-Weiß ist einfach. Graustufen sind nicht-einfach. Die Zeit der Vereinfachung ist vorbei, wir sollten anfangen komplexes Denken willkommen zu heißen.

In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!


Blogverzeichnis - Bloggerei.de