Seit Montag tagen sie nun täglich, die Herrschaften des "Drohnenprojekt-Untersuchungsausschuss". Sie versuchen die Fragen zu klären, was im Projekt schief gelaufen ist und wer denn eigentlich als Sündenbock die Schuld trägt. Soweit so üblich und für mich Anlass genug die scheinbar offensichtlichen Projektmanagement-Fehler der Kategorie "Basics im PM" zu betrachten. Aber wo fang ich nur an…?
- "Blame Game" statt Lessons-Learned
Wer soll denn nun an den Pranger? Diese Frage scheint die wichtigste zu sein im Debakel um die unbemannten Flugobjekte. Und zeitgleich mit dem Stellen der Frage (spätestens passiert mit Beginn des Untersuchungsausschusses) beginnt es - das Blame Game. Soll heißen, natürlich ist niemand Schuld. Der Verteidigungsminister hat nix gewusst, Andere haben aber doch Emails geschrieben und wieder Andere mal warnend den Oberlehrer-Finger gehoben. Blödes Spiel, oft gespielt, aber trotzdem nicht wirklich management-like. Ich bezweifle, dass die Aufarbeitung des Projektes zu wirklichen Lessons-Learned führt. Das hieße nämlich, dass Fehler, Erfolge, Entscheidungen, Vorgänge, Zusammenhänge und Erfahrungen als Feedback in das System fließen, um dort für die Zukunft zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Mal ganz unter uns, mich als Steuerzahler und Wähler würde es mehr beruhigen, wenn ich glauben könnte, dass im nächsten Projekt was besser läuft, als das ein Sündenbock gefunden wird. Ein solch komplexes Projekt ist immer eine Kollektivleistung, den Einen gibt es nicht.
- Ignoranz statt Akzeptanz
Der Verteidigungsminister hat lange nichts gewusst, er war nicht informiert? Schwer zu glauben, aber möglich. In großen Projekten ist es nicht unüblich, dass die "ganz oben" nicht umfassend und bei drohendem Unheil sogar lieber mal gar nicht informiert werden. Vielleicht gibt es auch im Drohnenprojekt eine Schlammschicht im Management, in der die Informationen steckengeblieben sind. Ist auch egal wo die ersten Signale und Ankündigungen für Turbulenzen ignoriert wurden. Jeder, der sich mit Krisenmanagement beschäftigt hat (und das haben die erfahrenen Projektbeteiligten doch wohl) weiß, dass die Phase des "Nicht-Akzeptieren-Wollen" möglichst kurz sein sollte, damit die Krise durchschritten werden kann. Meine Frage an dieser Stelle: Und warum können wir's dann scheinbar immer noch nicht und warten bis es richtig knallt? In unseren Projekten herrscht üblicherweise eine Kultur des "starke Signale - starke Reaktion". Hoffentlich lernen wir in Zukunft auf schwache Signale zu achten und entsprechend zu reagieren. Es gibt keine Turbulenz oder Krise, die sich nicht im Vorfeld angekündigt hat.
- Die Expertenfalle
Der im Rüstungsbundesamt zuständige Projektleiter "Euro-Hawk" hat auch bereits vor dem Untersuchungsausschuss seine Aussagen abgeliefert. Er gibt an nicht früher die Reißleine gezogen zu haben, da er die Aufklärungstechnik noch umfassend erforschen wollte, damit "man etwas in den Händen hat". Mehrkosten von zig Millionen Euro waren vor mehr als einem Jahr bereits so klar wie die massiven Zulassungsprobleme und trotzdem wurde an der bestehenden Projektplanung und -ausrichtung festgehalten. Eventuell hat der Mann mutig den richtigen Weg eingeschlagen und die Aufklärungstechnik ist ein großer Innovationssprung. Schön, aber das sollte dann doch bitte transparent sein und auch kommuniziert werden. Zumindest innerhalb des Projektsystems, gerne auch in Richtung der Steuerzahler. Gleichzeitig drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier (wie auch andernorts sehr üblich) ein Fachexperte zum Projektleiter gemacht wurde. Ein Experte, der die Thematik versteht, mit in Analysen einsteigen kann, in die Details hinabsteige kann und immer auskunftsfähig ist. Genau da entsteht die Expertenfalle. Ein Projekt dieser Dimension braucht mehr bzw. auch Wechselwirkungs-Denker und Abhängigkeiten-Versteher denn technologieverliebte Experten.
- "Erst mal schauen und dann mal sehen"
Mich persönlich würde ein Blick auf das Risikomanagement des Drohnenprojektes ja brennend interessieren. Wie genau wurde denn das Risiko der Nicht-Zulassung beschrieben, eingestuft, bewertet und bearbeitet? Und noch viel spannender, welche Alternativ-Szenarien wurden denn formuliert? Nach dem was der öffentlichen Berichterstattung zu entnehmen ist, kann das nicht viel sein. Wahrscheinlich wurde auch hier viel zu wenig Szenario-Arbeit gemacht und hübsch linear durchgeplant. Im Plan ist ja die Zukunft beschrieben und so wird sie dann ja auch werden, oder etwa nicht? Und ein Risiko, wenn es denn benannt ist, ist ja quasi schon gelöst. Es klingt so unglaublich blauäugig, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass in einem Projekt dieser Komplexität in reinen Ursache-Wirkungs-Relationen gedacht und gehandelt wird. Sollte noch kein Szenario existieren, was nun mit den am Boden bleibenden Drohnen anzufangen ist, ich hätte eines im Angebot: Die Flugobjekte könnten mit hübschen Blumenarrangements bepflanzt vor dem Flughafen BER, dem Stadtschloss Berlin, der Elbphilharmonie und dem Stuttgarter Bahnhof aufgestellt werden. Da würden sie sogar zwei Zwecke erfüllen - Dekoration und Denkanstoß.
Die Liste der klassischen Projektfehler ließe sich hier noch weiter fortsetzen, was zu einem späteren Zeitpunkt auch passieren wird. Mal schauen, was der Untersuchungsausschuss noch bereithält.
In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!