Klartext im Projektteam – schön wär’s…

Die Geschäftsleitung hat mich vorgewarnt: „Da werden ein paar harte Hunde im Workshop sein. Die reden nicht um den heißen Brei, sondern Klartext. Damit kommen Sie hoffentlich zurecht.“ Was wie eine An(drohung) klingt entpuppte sich schnell zu einem Phänomen, dass ich immer wieder beobachte. Kein Klartext drin, wo Klartext draufsteht!

Das mit der Kommunikation ist eh schon schwer genug – verschiedene Sprachen, Dialekte, Männer und Frauen, unterschiedliche Erfahrungen, Sichtweisen und Mind Sets. Dazu kommt dann auch noch die Wahrnehmungsdivergenz. Soll heißen; Selbst- und Fremdbild von Teams hinsichtlich ihres Kommunikationsverhaltens divergieren maximal. Und das geht so:

Die Teammitglieder bekunden einstimmig, dass sie offen, ehrlich und klar miteinander reden. Auch bei Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten gehen sie in einen Dialog und klären, was auch immer zu klären ist. Dabei nimmt niemand ein Blatt vor den Mund und manche von Ihnen können dann schon mal „richtig zur Sache gehen“. Was das konkret bedeutet? Meist so etwas wie rhetorisch fit eine große Portion Ironie und Spott zu verwenden und dabei die Sprechlautstärke nach oben zu korrigieren. Das verschafft ihnen Anerkennung und mitunter Bewunderung für so viel Mut. So weit das Selbstbild.

In der Beobachtung dieser Teams zeigen sich oft ein lockerer Umgang und eine flapsige Grundkommunikation. Die Menschen wissen nicht sehr viel übereinander und bleiben vor allem eines: schön an der Oberfläche. Im Falle von zu treffenden Entscheidungen, zu klärenden Sachverhalten oder Meinungsverschiedenheiten passieren dann wahlweise zwei Dinge. Entweder gibt es einen oder einige wenige Teammitglieder, die lautstark und unmissverständlich („So machen wir’s – Punkt“) die Richtung vorgeben, oder es herrscht Stille und Sprechlosigkeit. Sobald es wirklich um etwas geht, müssten sie in Kontakt miteinander gehen und einen Diskurs starten. Das würde „sich zeigen“, Standpunkt vertreten, Sichtweisen zulassen und persönlichen Austausch bedeuten. Und genau da spätestens trennt sich das Selbst- vom Fremdbild.

Dann wird Klartext reden verwechselt mit „ich hau eine Ansage raus“. Die Ansage kommt gerne mal sehr ruppig und soll ja auch in ihrer Wirkung für Ruhe sorgen. Es steckt aber nix dahinter. Versuchen Sie mal mit solchen Kollegen oder auch dem gesamten Team von hier aus in einen echten Dialog zu gehen. Kann sich mitunter schwierig gestalten, schon weil sie es nicht gewohnt sind. Da wird dann beschwichtigt was das Zeug hält, wobei es gar nichts zu beschwichtigen gibt. Gründe für das An-der-Oberfläche-rumtexten-ohne-in-Kontakt-zu-gehen gibt es viele und genau genommen müssen wir sie gar nicht kennen. Aber erkennen wäre gut. Erkennen, dass ein Team nicht wirklich miteinander redet. Erkennen, dass Aussagen dreschen als Kommunizieren verkauft wird. Erkennen, dass der Kontakt zueinander fehlt.

Nach dem Erkennen ist vor dem Verbessern. Das Gute nämlich ist, dass wir auch das Klartext reden und miteinander in einen Dialog gehen üben können. Wir müssen nur anfangen!

In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!


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