Stadtschloss Berlin - das neue Euro-Grab?????

Ich lese in diesen Tagen ganz viele Artikel über das Projekt "Stadtschloss Berlin". Endlich, endlich, endlich wieder ein öffentliches Großprojekt mit Potential für einen Abgleich mit unseren PM-Lehrbüchern! Gestern nun hat unser Bundespräsident die Grundsteinlegung "vollzogen" und damit das ‚größte Kulturprojekt der Bundesrepublik' in die die öffentliche Wahrnehmung katapultiert. Und es beginnt, wie so viele andere Großprojekte davor, mit Superlativen wie "…größte…", "…monumental…", "…Jahrhundertereignis…", "…Supermuseum…" und so weiter. Das übliche Projektmarketing eben. OK! Das ist ein Muster, welches erstmal nicht schlimm ist und auch keine Bauchschmerzen macht.

Der Auftraggeber ist Peter Ramsauer. Uppsss! Noch ein Muster, schon eher mit schmerzhaften Erfahrungen verknüpft. Wo waren er und seine Ministerien noch gleich beteiligt? Ach ja, BER, Maut, Stuttgart21,… Sich deswegen gleich Sorgen zu machen, wäre Quatsch. Schließlich hat Herr Ramsauer beim Baustellenbesuch Anfang Juni klar gesagt: "Wir liegen hier im Zeit- und Kostenrahmen. Alle Risiken sind frühzeitig benannt und einkalkuliert worden. Denjenigen, die nicht so verfahren, wollen wir das mit unserer Reformkommission beibringen." Jawoll, sehr schön, Irgendjemand muss doch der Welt jetzt endlich zeigen, wie Risikomanagement und Komplexität zusammengehen.

Im Team ist ja, Gott sei Dank, auch einer für das umfassende Projektmarketing. Wilhelm Dietrich Gotthard Hans Oskar von Boddien - preußischer Adel, versteht sich. Er führt die Geschäfte des Fördervereins. Seine Leidenschaft "das Schloss wieder aufbauen" hält sich nun schon über Jahrzehnte und den Gegnern des Projektes bescheinigt er eines: mentale Schwäche. Boddien ist sich auch ganz sicher, dass die Spenden nur so sprudeln, wenn erstmal "mehr sichtbar" ist. Schließlich sind in der Kostenobergrenze von 590 Mio. Euro rund 80 Mio. Euro an Spenden eingerechnet. 20% davon sind erreicht. Sicher ist das eine Unwägbarkeit, die in allen Szenarien und im Risikomanagement regelmäßig bearbeitet wird. Im Interview und über Berichte hinterlässt der Adelige den Eindruck, dass er gerne als Held aus diesem Vorhaben hervorgehen möchte, hoffentlich wird es keine tragische Figur. Zumal er zumindest mit Ramsauer um diese Rolle konkurrieren muss. Und Heldentum und Konkurrenz sind zu Komplexität wie Hund zu … Das nächste Muster wird sichtbar.

In dem illustren Team ist dann auch noch ein Mensch wir Franco Stella, der als "Oberbaumeister" hier sein Glanzstück abliefern soll (oder was es ‚will'?). An ihm könnte man die ewige Diskussion um "wie viel Erfahrung muss man mitbringen und wir groß muss die Fachlichkeit sein?" bestens führen. Bisher baute er Schulen, Villen und ein Fabrikgebäude. Aber das macht nix, denn er hat einen großen Stab erfahrener Bauingenieure und Architekten hinter sich. Wirft bei mir die Frage auf: wofür genau brauchen wir Herrn Stella jetzt noch gleich? Ach ja, Marketing…

Was mir persönlich am meisten Sorgen bereitet ist, dass trotz soviel Marketing, wesentliche Stakeholder schlichtweg kein Interesse am Projekt zeigen. Bundeskanzlerin Merkel, Kulturstaatsminister Neumann, Bürgermeister Wowereit - von denen ist nix zu hören oder sehen. Wenn die nicht "mitspielen", fehlen dem System wichtige Feedbackschleifen. Komplexe Projekte ohne Rückkopplungen als Regelungsmechanismus können leicht "aus dem Ruder laufen". Auch ein Muster, das bei anderen Großprojekten hier und da schon zu beobachten war.

Ich will jetzt aber auch nicht nur schwarzmalen, schließlich stecke ich ja nicht drin. Richtig, und so ganz transparent ist das Projekt nach außen halt nicht. Dabei würde mich Herrn Ramsauer's Reformkommission brennend interessieren. Wenn dort der Gral des PM gefunden worden ist, würde ich gerne einen Blick drauf werfen.

In diesem Sinne … bleiben Sie erfolgreich!


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