Warum eigentlich immer wieder Rollenübungen in Seminaren?

Die meisten von Ihnen werden Erfahrungen mit Rollenübungen haben. Und Sie alle haben eine Haltung zu dieser Art des Lernens. In Grundlagenseminaren begegnen mir immer wieder Vorbehalte gegenüber Rollenübungen. "Das ist doch nicht die Realität" oder "Im echten Leben hätte ich ganz anders reagiert" sind nur einige der Klassiker, die ich zu hören bekomme.

An dieser Stelle wird einmal deutlich gemacht, was Rollenübungen sind. Sie ermöglichen das Ausprobieren von Realität. Mit dem klaren Vorteil, dass das in einem geschützten Raum geschieht. Zudem wird darin die soziale Komplexität reduziert, da nicht die ganze Realität abgebildet ist. Nehmen wir unsere Kinder als Vorbild. Sie üben sich durch Rollenspiele wie "Vater-Mutter-Kind" oder "Schule-spielen" bereits früh in ihren sozialen Fähigkeiten.

Das Prinzip lässt sich auch in der Bildung von Erwachsenen nutzen. In Rollenübungen wird die Realität abgebildet. Gleichzeitig existieren hier Freiheitsgrade, die "im echten Leben" nicht zur Verfügung stehen und die das Ausprobieren verschiedener Handlungsalternativen ermöglichen. Der geschützte Raum, in dem die Simulation stattfindet, ist daher von zentraler Wichtigkeit. Dabei muss die Übung klar definiert und Extremfälle wie Gewalt ausgeschlossen sein. Die Teilnehmer können dann zusammen auf die Übung schauen und den Transfer in ihren Arbeitsalltag leisten. Das geht nur über eine distanzierte Betrachtung. Die wesentliche Kompetenzerweiterung für den Einzelnen liegt darin, dass jeder Mitwirkende sowohl Beobachter als auch Teilnehmer ist. Als Beobachter nimmt er wahr, wie sich durch Rollen und Regeln das System verändert. Gleichzeitig wirkt er als Teilnehmer direkt ein und beeinflusst. So wird ihm die Wirkung seines Handelns und Verhaltens transparent. Die mögliche Komplexität in Rollenübungen ist begrenzt, denn sie finden meist in Seminarräumen statt. Um die wesentlichen Eigenschaften komplexer Systeme erleb- und erfahrbar zu machen, eignen sich Systemspiele. Am bekanntesten sind wohl die Varianten der Unternehmensplanspiele, um Organisationsprozesse abzubilden. In kleinerer Form finden sich Systemspiele oft als Teamentwicklung verpackt. Da geht es darum, ein Floß zu bauen, ein Event zu organisieren oder mit Pferden als externe Teammitglieder einen Parcours zu bewältigen. Letzteres bringt, aus meiner Erfahrung, übrigens eine herausfordernde dynamische Komponente in die Übung.

Unabhängig von der Variante, die Sie für die Durchführung wählen, geht es doch immer um einen Zweck, nämlich:

  • Planungs- und Entscheidungsprozesse transparent machen und verstehen,
  • Veränderungen ausprobieren und Innovationen fördern,
  • Planungs-, Entscheidungs- und Konfliktkompetenz erweitern.

Eine distanzierte Betrachtung der erlebten Realität ist immer zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit dieser Übungen. Schließlich soll die Selbstreflexionsfähigkeit der Teilnehmer erhöht werden. Denn sie verleiht uns Menschen die Flexibilität in unserem Handeln und Verhalten.


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